Unterhaltszahlungen an gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen können von Leistenden unter bestimmten Voraussetzungen als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden. Das Bundesfinanzministerium hat mit Schreiben vom 06.04.2022 die Regelungen des Vorgängerschreibens vom 07.06.2010 aktualisiert und die zwischenzeitlich ergangene Rechtsprechung des BFH eingearbeitet.
Nachfolgend geben wir Ihnen einen Überblick über die wichtigsten Eckpunkte des aktuellen Schreibens.
I. Grundsätzliches
Unterhaltszahlungen an gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen können vom Leistenden ab 2022 mit bis zu € 10.347,00 im Jahr als außergewöhnliche Belastungen in der Steuererklärung berücksichtigt werden. Werden darüber hinaus Beiträge zur Basiskranken- und Pflegeversicherung für die unterstützte Person übernommen, können diese zusätzlich zum Höchstbetrag abgezogen werden.
II. Wer ist unterhaltsberechtigt?
Voraussetzung für den Abzug von Unterhaltsleistungen ist, dass gegenüber der unterstützten Person eine gesetzliche Unterhaltspflicht nach dem BGB oder dem Lebenspartnerschaftsgesetz besteht. Unterhaltsberechtigt sind demnach
• Verwandte in gerader Linie, z.B. Kinder, Enkel oder Eltern
(Für den Abzug von Leistungen an Kinder ist Voraussetzung, dass die Elternteile weder Kindergeld noch einen Kinderfreibetrag erhalten)
• Ehegatten (auch geschiedene) und Lebenspartner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft (auch aufgehobene)
• Mutter und Vater eines nichtehelichen Kindes gegenüber dem anderen Elternteil
sowie diesen gleichgestellten Personen, z.B. Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft (sozialrechtliche Bedarfsgemeinschaft).
III. Bedürftigkeit des Unterhaltsempfängers
Der Abzug von Unterhaltsaufwendungen setzt neben der Berechtigung die Bedürftigkeit des Unterhaltsempfängers voraus. Das heißt, dieser darf kein oder nur ein geringes Vermögen (i.d.R. bis zu € 15.500,00) besitzen und zudem über kein ausreichendes Einkommen verfügen. Liegen die jährlichen Einkünfte und Bezüge der unterhaltsberechtigten Person, die zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes bestimmt oder geeignet sind, über € 624,00 mindert sich der abziehbare Höchstbetrag um die übersteigenden Einkünfte. Sonderausgaben und außer-gewöhnliche Belastungen des Unterhaltsempfängers dürfen nicht abgezogen werden, ebenso wenig etwaige Verluste nach § 10d EStG.
Die eigenen Einkünfte und Bezüge des Unterhaltsempfängers sind jedoch nur insoweit zu erfassen, als sie auf den Unterhaltszeitraum entfallen.
Beispiel:
Die Eltern unterstützen ihre volljährige Tochter von Juli bis Dezember. In den Monaten Januar – Juni hat die Tochter € 6.000,00 verdient, darüber hinaus nichts mehr. Die Eltern können demnach außergewöhnliche Belastungen in Höhe von € 5.173,50 (10.347 x 6/12) geltend machen. Eine Anrechnung der im 1. Halbjahr erzielten eigenen Einkünfte der Tochter unterbleibt, da diese außerhalb des Unterstützungszeitraumes angefallen sind.
IV. Verfügbares Nettoeinkommen des Unterhaltsleistenden
Weitere Voraussetzung für den Abzug als außergewöhnliche Belastung ist darüber hinaus, dass die Unterhaltsleistungen in einem angemessenen Verhältnis zum Nettoeinkommen des Leistenden stehen und ihm selbst nach Abzug der Leistungen noch angemessene Mittel zur Bestreitung seines eigenen Lebensunterhaltes verbleiben (sog. Opfergrenze). Bei der Ermittlung des verfügbaren Nettoeinkommens sind grundsätzlich alle steuerpflichtigen und steuerfreien Einnahmen anzusetzen. Bei Unterhaltszahlern mit Gewinneinkünften erfolgt die Berechnung auf der Grundlage eines Dreijahreszeitraumes. Für Leistungen im Rahmen einer sozialrechtlichen Bedarfsgemeinschaft gelten Sonderregelungen.
V. Begünstigte Unterhaltsaufwendungen
Als Unterhaltsleistungen abziehbar sind sämtliche Aufwendungen für den typischen Unterhalt, wie Ernährung, Kleidung, Wohnung sowie Ausbildungsunterhalt, wie z.B. Studiengebühren. Nicht berücksichtigungsfähig sind daneben anfallende besondere Unterhaltsaufwendungen, wie z.B. Krankheitskosten. Für diese kommt möglicherweise ein Abzug als „herkömmliche“ außergewöhnliche Belastungen in Betracht.
Auch gelegentliche oder einmalige Leistungen können typische Unterhaltsaufwendungen sein.
Wichtig zu wissen: Bei einer einmaligen Unterhaltszahlung nimmt das Finanzamt stets an, dass diese bis zum Jahresende dienen soll. Der Höchstbetrag von € 10.347,00 mindert sich mit 1/12 um jeden vollen Kalendermonat in dem die Voraussetzungen für den Abzug der Unterhaltsleistungen nicht vorgelegen haben. Da Unterhaltsleistungen nur absetzbar sind, soweit sie dem laufenden Lebensbedarf der unterstützten Person dienen, wird eine Einmalzahlung am Ende des Jahres, mit Ausnahme der Zahlungen an Ehegatten, für die zurückliegenden Monate nicht anerkannt.
Beispiel:
Die Eltern leisten im Dezember eine Einmalzahlung an ihre mittellose Tochter. Hier wird das Finanzamt diese Zahlung nur mit € 862,25 (1/12 des Höchstbetrages von € 10.347,00) berücksichtigen.
Wird die Zahlung dagegen bereits zu Anfang des Jahres geleistet, wird der Unterhaltshöchstbetrag, sofern die unterstützte Person auch das ganze Jahr bedürftig ist, nicht gekürzt.
VI. Nachweiserfordernis
Der Nachweis von Unterhaltsleistungen kann durch Vorlage von Kontoauszügen erbracht werden. Bei Bargeldzahlungen gelten erhöhte Anforderungserfordernisse. Gehört eine unterhaltsberechtigte Person dagegen zum Haushalt des Steuerpflichtigen, kann der Nachweis i.d.R. entfallen. Hier geht das Finanzamt davon aus, dass die Ausgaben für Kost und Logis den Höchstbetrag erreichen. Ist ein unterstütztes Kind wegen eines Studiums auswärtig untergebracht wird die Haushaltsgemeinschaft i.d.R. nicht aufgehoben.
Gerne stehen wir für Ihre weiteren Fragen zur Behandlung und Berücksichtigung von geleisteten Unterstützungsleistungen zur Verfügung.